Faszien-Qigong und andere Hypes – Eine kritische Betrachtung

So, nach seinem Siegeszug durch alle hippen New-Age-Zeitschriften und Physiopraxen erreicht das Faszientraining auch das Qigong. Inzwischen wird doch ernsthaft Faszien-Qigong angeboten, zu Hauf. Ich beobachte diesen Trend, wie viele, viele andere Trends mit großer Zurückhaltung und beurteile solche Trends im Allgemeinen als sehr kritisch. Ich möchte darlegen wieso…!

Ich beginne mit dem Qigong und den Faszien und gehe dann ganz allgemein auf Trends in unserer modernen Gesellschaft ein. Qigong ist u.A. ein Training des Qi, der Energien unseres Körpers. Dieses Qi fließt in Leitbahnen und in Arealen durch den gesamten Körper und vernetzt diesen. Alle Meridiane, Gefäße und Netze auf denen Qi und Blut fließen ergeben zusammen die Menschengestalt. Jedes gute Qigongtraining trainiert zu aller erst einmal das Bindegewebe, die Faszien! Viele der Meridiane und sehr viele der Netzgewebe durchziehen die Faszien und mit unserem Qigongtraining erreichen wir diese sehr schnell. Wir benötigen definitiv kein wie auch immer geartetes Faszien-Qigong! Natürlich gibt es Übungen, die dies mehr als andere tun und mit einer entsprechend schwachen Bindegewebsstruktur sollte man vielleicht gezielte Qigongübungen wählen. Aber das sind sicherlich Ausnahmen! Ein großer Wirkbereich des Qigong liegt in der Erneuerung und Stärkung der Faszien, des Bindegewebes und den in ihnen strömenden Energieleitbahnen.

Mir zeigt dieser neue Trend eher die allgemeine Situation des modernen Menschen und die Verfassung des Gesundheitsmarktes im Besonderen. Jeder möchte gesund sein und das weiß unsere Wirtschaft. Ständig sucht sie nach neuen Absatzmärkten, eben Hypes, um Kohle machen zu können. Und da der moderne Mensch ja vollkommen losgelöst und frei ist, macht er eben, was er gerade möchte. 6 Monate Pilates, dann 1 Jahr Faszientraining oder eben die Mischung von beidem, die dann schnell “erfunden” wird. Danach für 3 Jahre Yoga, um dann einen Qigongkurs zu besuchen. Und so geht es weiter. Meditation, Rückentraining, Feldenkreis und all die ständig hochkommenden Neuigkeiten. Wir sind Touristen geworden, nur haben wir nirgends eine Heimat gefunden, wenn ich mal dieses Bild heranziehen darf.

An sich ist die Idee des Lebens eine andere. Nach einer gewissen Zeit der Suche und des Ausprobierens bleibt man bei einer Sache und macht diese gut und im Laufe der Jahre immer besser. Dies nennt man in China “Gongfu”.

Dieses Gongfu ist dem modernen Menschen leider verloren gegangen. In allen Lebensbereichen dasselbe Bild; wenn´s schwierig wird suchen wir uns was neues, wir sind ja frei! Doch wie will man so jemals weiter kommen?? Wie will man auf diesem Weg in die Tiefe gelangen? Egal, ob in der Ehe, in Sachen Gesundheit oder eben im Bereich Qigong oder Taijiquan. Wir wechseln den Partner, testen hier einen Tee und da irgendwelche Vitamine und wechseln von einer Qigongform zur nächsten oder erfinden das Fast-Taijiquan oder eben Faszien-Qigong. Und meistens haben wir keine Ahnung von dem, was wir da tun! Wir wissen nicht, welche Wirkung der Tee hat den wir trinken, er soll halt gesund sein. Wir essen tonnenweise Knoblauch und saufen Kannen voller Ingwertee, weil`s gesund ist. Aber was ist daran gesund? Woher kommt diese Wirkung auf die Gesundheit? Und was ist, wenn wir es überteiben oder es gerade für uns gar nicht gesund ist?? Was ist, wenn wir es zu hoch dosiert anwenden? Wie heißt es so schön in der Werbung:” Wir sollten unbedingt jemanden fragen, der sich damit auskennt!”, so viel ist sicher!

Wenn wir uns für`s Qigong entscheiden, dann gehen wir diesen Weg voller Vertrauen und voller Sicherheit, dass eben dieser Weg uns weiter bringt. Wir suchen die Auseinandersetzung mit uns! Wir wollen die Tiefe! Wir wollen uns kennenlernen? Wir wollen das Geheimnis des Lebens kennenlernen! Und wir wollen gesund und in Frieden leben! Wir sind es selbst, die uns rausbringen! Wir sind diejenigen, die nicht verstanden haben, dass Freiheit nichts mit ständigem Herumwechseln zu tun hat! Wir haben die Freiheit immer wieder dasselbe neu zu tun, neu zu erfahren und dadurch zu viel tiefgreifenderen Erkenntnissen zu kommen, als mit dem ständigen hin und her.

Wenn es schmerzt, ob körperlich oder seelisch, dann haben wir etwas zu lernen. Wenn es schwierig wird, dann haben wir etwas zu lernen. Wenn es unangenehm wird, dann haben wir etwas zu lernen. Wenn es (scheinbar) langweilig wird, dann haben wir etwas zu lernen. Wenn es einfach ist zu gehen, dann sollten wir bleiben.

Der beständige Wandel bedeutet eben nicht ständig zu wechseln, sondern tiefgreifend die stete Veränderung der immer wieder selben Situation zu verstehen und ihr zu folgen. Mit demselben Partner (falls möglich), mit derselben Methode und mit demselben Elan wie zu Beginn. Denn das ist auch so spannend, wenn es NEU ist, dann setzen wir uns ein, sind begeistert, motiviert, wenn es dann langsam ALT wird, dann lässt auch unsere Begeisterung nach und dann kommt etwas NEUES, spannend und wir sind wieder begeistert dabei. Wie absurd und wie krank. Das ist das Problem eines modernen, immer nach Jugend strebendem Menschen, der den Weg des Dao, den Gang der Dinge nicht mehr versteht und sich dadurch selber krank macht.

Und ja, es reicht nicht einmal, immer bei einer Sache zu bleiben. Wir müssen jeden Tag neu mit Enthusiasmus, Neugier und Freude daran gehen, so dass das Neue niemals Alt wird. Dann ist Qigong gut als Faszientraining, als Psychotraining, als Entspannungstraining un vielem mehr. So wie es an einem Partner dann auch jeden Tag neue Sachen zu entdecken gibt. Wir sollten das Alltägliche, das Normale, das Banale, das ständig sich Wiederholende, das Einfache und nicht die Hypes lieben lernen, darHypein liegt das Mysterium des Lebens, des Dao…!

Statt ständig wechselnder Hypes lieber sich täglich wiederholende Rituale voller Hingabe…


3 Gedanken zu “Faszien-Qigong und andere Hypes – Eine kritische Betrachtung

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