Wir können uns selber nicht mehr riechen

Ja, es stimmt wirklich. Wir können uns selber nicht mehr riechen. Und aus Sicht der Klassischen Chinesischen Medizin ist das ebenfalls schon ein Krankheitssymptom.

Wir waschen, pudern, cremen, schminken und botoxen was das Zeug hält, ohne uns auch nur eine Sekunde lang Gedanken darüber zu machen, worum es uns dabei eigentlich geht und was das, was wir da tun, eigentlich bedeutet.

Die Nase, unser Riechkolben, wird in der KCM dem Organsystem Lunge zugeordnet. Das Riechen als Funktion ist wichtig. Am Geruch erkennen wir beispielsweise schlechtes Essen, wenn etwas in der Nähe kokelt oder eben unseren Nächsten. Aber wir erkennen an unserem eigenen Geruch auch, ob alles in Ordnung ist mit uns, ob wir gesund sind.

Wenn die inneren Organe Probleme haben, dann riechen die Ausscheidungen vermehrt und/oder stärker. Oder wir haben auf einmal Mundgeruch, den wir selber wahrnehmen können. Oder wir riechen bei unserem Partner plötzlich etwas Ungewöhnliches.

“Ich kann jemanden nicht riechen” bedeutet also sehr wohl auch etwas Konkretes. Wir bekommen etwas beim Anderen mit, was uns nicht gefällt, was uns auf Abstand gehen lässt.

Doch inzwischen können wir kaum noch riechen, aus vielerlei Gründen. Zu viel Salz und zu viel süßer Geschmack beim Essen. Auch zu scharfes Essen “tötet” den Geruchssinn (Metall <> Lunge).

Doch hauptsächlich können wir uns selber schon gar nicht mehr riechen…was aus Sicht unseres Sprichwortes fatal wäre, weil wir zu uns selbst auf Abstand gehen. Aber genau das passiert immer mehr. Wir waschen zu oft mit viel zu viel Seife und chemischen Zusätzen. Wir bestäuben uns mit allerlei starken (zumindest auch chemischen) Düften und kleistern zudem unsere Haut mit Cremes, Puder und Parfüm voll. Wir müssen uns ständig duschen, manche mehrmals am Tag, und wechseln im Halbtagestakt unsere Klamotten und im 5-Tage-Takt die Bettwäsche. Weil diese Dinge dann anfangen nach UNS zu riechen statt nach Frühlingsduft und Chemie!

Abgesehen davon, dass es eine enorme Belastung für die Umwelt, vor allem für unser höchstes (und inzwischen rares) Gut, das Wasser ist, zerstört es immer mehr die Fähigkeiten der Nase und der Lunge und führt uns weg von uns selber. Wir sind so sehr bedacht auf eine “äußere” Reinigung, dass wir die “innere” Reinigung sträflich vernachlässigen.

Und wer sich selber nicht mehr riechen kann – sondern nur noch sein künstliches (Düfte-) Abbild – der kann natürlich auch andere, seine Mitmenschen nicht mehr riechen. Es findet eine völlige Verzerrung der Wahrnehmung statt. Wir können Schweiß und intensiveren Geruch bei uns schon nicht akzeptieren, wie sollten wir dies bei anderen Menschen dulden??

Die übermäßige Betonung verschiedenster Lungenfunktionen wie etwa Kontrolle, Perfektionismus oder die Riechfähigkeit deuten auf eine immer stärker werdende Belastung der Lunge (Fei) hin mit all den Konsequenzen und Erkrankungen, die eine solche Überbetonung eines Elements, eines Organsystems eben mit sich bringt.

Statt der Verpackung so viel Aufmerksamkeit, Zeit und Geld zu geben, sollten wir lieber öfters schauen, ob nicht in uns etwas schwer am schwelen ist und zum Himmel stinkt…;-)!

Und bei Wang Fengyi, einem konfuzianischem Heiler, heißt es sinngemäß so schön, wenn das “Metall” (Lunge, Dickdarm) aus dem Gleichgewicht gerät, entstehen Chaos und Untergang.

Foto: Peter Böni, Pixelio

Daoistisches Qigong: Die 6 Wurzeln kappen

Der Drachen verbinden Yang (Himmel) und Yin (Erde), ähnlich wie der Mensch!

Wenn wir Qigong üben, beginnen wir mit grundlegenden Aspekten des Trainings. Da SHEN, der Geist, das wichtigste Element unseres Übens ist, starten wir mit ganz einfachen Trainingsaufgaben, die uns allerdings fortwährend im Üben begleiten, weil es Jahre braucht, diese Aspekte zur vollen Blüte reifen zu lassen.

So sollen wir “das Herz kultivieren”, gleich zu Beginn. Allerdings nicht, weil es das Einfachste im Training ist, sondern weil es das Wichtigste ist und eben Geduld und Einsatz (GONG) benötigt, damit es wachsen und uns dadurch helfen kann.

Außerdem sollen wir “die 6 Wurzeln kappen!”. Diese Wurzeln sind die Augen, Ohren, Nase, Mund, Haut und der Geist (shen). Diese Wurzeln bilden unser Festhalten an der äußeren, der sichtbaren Welt. Die ersten fünf Aspekte sind, so meine ich, völlig nachvollziehbar, oder??!! Mit den Augen, den Ohren, der Nase, dem Mund und der Haut nehmen wir Informationen der äußeren Welt, unserer Umwelt direkt auf. Deren Verarbeitung allerdings findet im Gehirn statt, dessen Grundlage wiederum die 5 Yin-Organsystem (Milz, Leber, Herz, Niere, Lunge) sind.

Der Geist, von dem hier die Rede ist, ist der kleine, der verunreinigte Geist (shi shen), der zwar die Sinne kontrollieren und auswerten kann, der aber auch sehr an dem, was wahrgenommen wird, festhält. Aus diesem Grund müssen wir die Tätigkeit der Sinne und dieses Geistesaspektes KAPPEN von der Außenwelt und eben nach innen richten. Trennen, kappen ist durchaus eine gute Beschreibung dessen, was wir tun. Dennoch bleibt es ein Wort. Und Worte bleiben letztlich ungenau, unpräzise. Denn wir kappen ihn ja nur bildhaft von der äußeren Welt. Stattdessen richten wir ihn nach innen.

Wir müssen uns also völlig umstrukturieren. So, wie wir uns als kleiner Fötus und später als kleines Kind umstrukturieren mussten, nämlich hin zum nach außen gerichteten, müssen wir den Weg nun zurück, nach innen gehen. Zurück in die Zukunft, sozusagen…;-)!

Der Grund, warum das NICHT !!! über den Verstand, den Intellekt funktioniert ist der, dass der Verstand (Magen) immer nur eine Sache zur selben Zeit erfassen kann. Er muss also alles hintereinander erledigen. Die Fähigkeit des Geisteswesens YI (Milz) kann die gesamte Situation auf einen Blick, in einem Moment erfassen. Das eine ist FOKUS, das andere ist OFFENHEIT. Wenn wir die Wurzeln außen kappen und nach innen richten, müssen wir dies umfassend tun. Ansonsten wird es unmöglich sein, alle Lebens-Aspekte in einem Moment wahrzunehmen. Aber wir müssen dabei gleichsam den Intellekt loslassen, den Schalter umlegen und auf den Aspekt des Fühlens, der Intuition legen.

Dafür benutzen wir dieselben Sinne, nur wir richten sie anders aus UND steuern sie anders! Und das geht nur über ÖFFNEN, LOSLASSEN, WEITEN, FREIGEBEN…! Das ist der wichtigste Aspekt des Trainings.

Im Idealfall nehmen wir immer noch die Außenwelt wahr, aber eben anders, und nehmen nun auch die Innenwelt wahr. Später stellen wir dann durch unsere Praxis fest, dass wir Innenwelten wahrnehmen können…! Doch die neue Ausrichtung auf Offenheit, auf Nicht-Wissen, auf Neu-Gier, auf Leere ist dabei von enormer Bedeutung. Wir richten den Geist nicht nach innen auf Knochen und Blutbahnen etc., sondern eben auch auf anderen, in uns ebenfalls vorhandene Dimensionen wie etwa die Meridiane. Deshalb brauchen wir ENTSPANNUNG (Song), Offenheit und Neugier während des Übens…! Und unbedingt ein sanftes LÄCHELN…!!!